Kapitel 3: Dienstwagen

Auf dem Gang vor dem Domo-Chefbüro kamen mir drei Personen in Anzug und Krawatte entgegen. Sie gingen ohne Gruß vorüber, sahen mich kaum an. Fräulein Schmidt sagte nur knapp: »Die Leute von Mercedes.« Erstmals seit 18 Jahren hatte mein Vater keinen neuen Wagen bestellt: »Zu teuer.«

Die Arroganz der Leute von Mercedes hatte meinen Vater gestört. Er fuhr Auto, weil er sich fortbewegen musste. Die Straßenbahn oder der Bus kamen dafür nicht infrage. Der Junge war manchmal durch die Trümmer der Stadt Kassel mit der Straßenbahn gefahren, später mit dem Faltboot im Bus durch die Welt. Das Automobil, der Selbstbeweger, war an ihre Stelle getreten, Freiheit inklusive. Von einem VW über einen Ford zu einem Mercedes. 

Das Auto war ein Gebrauchsgegenstand, der zuverlässig funktionierte. Brachte uns von A nach B. Und in den Urlaub. Meinem Vater machte das Packen des Kofferraumes die größte Freude. Alle Koffer und Taschen wurden hinter dem Wagen aufgebaut. Schier unmöglich schien es, alles zu verstauen. Doch es gelang jedes Mal. Dank meiner Mutter, die Taschen wieder auspackte und in Plastiktüten umschichtete. Die ihr Ehemann kundig in die letzten Stauräume verfüllte.

Alle einsteigen. Es ging los. Auf der Konrad-Adenauer-Straße, kurz vor der Anschlussstelle Kassel-Wilhelmshöhe, fiel der Blick meiner Mutter auf die Pedale: »Walter, Du hast ja noch Deine Patschen an.« Zurück nach Hause. Der Gedanke einer zwölfstündigen Autofahrt in Hausschuhen rechtfertigte die Umkehr. Aber nur dieses eine Mal. Sonst nur vorwärts.

Mit dem Begriff des Dienstwagens konnte der Chef nichts anfangen. Zu sehr war das im Unternehmen mit den Gedanken von »Wird abgeschrieben« und »Ist doch egal, was es kostete« verbunden. Doch es war nicht egal, der Wagen verursachte Kosten, schmälerte den Firmengewinn. Nicht akzeptabel, wenn es eine Alternative gab. Mein Vater entschied sich nach dem Besuch der Mercedes-Verkaufsmitarbeiter für einen BMW.

Für welche Marke würde ich mich entscheiden? Was fährt der Junior im Betrieb? Einen BWM-3er oder -5er? Was, was er gar kein Auto fährt und mit dem Fahrrad in den Betrieb kommt? Unvorstellbar!